Was ist Lepra?

Lepra ist eine Infektionskrankheit, deren Erreger die Haut und das Nervensystem befällt und diese zerstört. Obwohl das Lepra-Bakterium (Mycobacterium leprae) schon 1873 von dem norwegischen Arzt Gerhard Armauer Hansen entdeckt wurde, ist es bis heute nicht gelungen, den Erreger auf Kulturböden zu züchten und einen Impfstoff gegen Lepra zu entwickeln. Die Inkubationszeit beträgt im Durchschnitt drei bis vier Jahre, kann aber auch bis zu 30 Jahre betragen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zählt Lepra zu den 20 vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs).

Wie wird Lepra übertragen?

Obwohl Lepra eine der ältesten bekannten Krankheiten der Menschheitsgeschichte ist, ist der genaue Ansteckungsweg immer noch nicht bekannt. Hier besteht dringender Forschungsbedarf. Die WHO hat Lepra mittlerweile als Tröpfcheninfektion klassifiziert, jedoch muss der Kontakt zu einem erkrankten Menschen eng und längerfristig sein - eine Berührung allein führt noch nicht zu einer Infektion.

Welche Faktoren begünstigen eine Lepra-Infektion?

Andauernder Stress, Mangelernährung, schlechte Hygienebedingungen, beengte Wohnverhältnisse oder unsauberes Trinkwasser: Schlechte sog. soziale Determinanten schwächen das Immunsystem eines Menschen und begünstigen die Ansteckung mit Lepra. Darum gilt auch diese NTD als armutsassoziiert und tritt vor allem in Ländern des Globalen Südens auf. Im Mittelalter war die Lepra auch in Europa ein großes Problem. Doch mit der Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen verschwand diese „Krankheit der Armut“.

Wie sieht das Krankheitsbild aus?

Die Krankheit beginnt im Frühstadium mit sichtbaren Hautflecken, weshalb sie auch oft mit anderen Hautkrankheiten verwechselt wird. Im weiteren Verlauf bilden sich Beulen und Knoten auf der Haut und auf Dauer Nervenschäden: Die Betroffenen verlieren das Gefühl in ihren Händen oder Füßen. Verletzungen oder Verbrennungen werden aufgrund des mangelnden Schmerzempfindens nicht genügend beachtet. Unbehandelt können sich die Wunden entzünden, es kann zu chronischen Geschwüren, Behinderungen und zum Verlust der Gliedmaßen kommen, die eine Berufstätigkeit nicht mehr zulassen.

Wie wird Lepra diagnostiziert?

Aktuell gibt es kein Diagnoseverfahren, um eine sog. latente Lepra-Infektion – vor dem Krankheitsausbruch – festzustellen. In Verbindung mit der langen Inkubationszeit ein großes Problem: Betroffene verbreiten den Erreger lange, bevor sie die Krankheit an sich selbst bemerken. Nach dem Ausbruch der Erkrankung kann Lepra hingegen mit einfachsten Mitteln, zum Beispiel mit einem Stift, diagnostiziert werden: Wenn Betroffene mit verschlossenen Augen eine leichte Berührung auf einem typischen Hautfleck nicht spüren, ist eine Erkrankung sehr wahrscheinlich.

Ist Lepra heilbar?

Ja, seit 1982 gibt es eine Kombinationstherapie (Multidrug-Therapy, MDT) aus einem Mix der Antibiotika Rifampicin, Dapson und Clofazimin. Sie wurde mit finanzieller sowie fachlicher Unterstützung der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe im Forschungszentrum Borstel entwickelt. Nach einer erfolgreichen Studie auf Malta ist die MDT seit 1983 weltweiter Standard der WHO und muss sechs bis zwölf Monate eingenommen werden. Damit sind alle Lepra-Patient*innen heilbar.

Warum gibt es Lepra dann noch?

Nach wie vor werden von Lepra betroffene Menschen ausgegrenzt und in manchen Ländern sogar gesetzlich diskriminiert. Beispielsweise aus religiösen Gründen (im Mittelalter galt die Lepra auch bei uns als „Strafe Gottes“) oder aufgrund der tief sitzenden Angst vor einer Krankheit, die den Menschen so grausam zeichnen kann. In der Folge verheimlichen Betroffene ihre Infektion. Die zu späte oder gänzlich ausbleibende Behandlung führt zu irreversiblen Behinderungen, mit denen die Betroffenen ihr Leben lang leben müssen.

Viele Patient*innen haben aber auch keinen Zugang zu einer medizinischen Behandlung, sei es wegen einer (leprabedingten) Behinderung oder wegen fehlender Infrastrukturen in der Gesundheitsversorgung. Nicht zuletzt fehlt es weltweit auch bei medizinischen Fachkräften an Wissen über Lepra. Betroffene werden nicht oder zu spät diagnostiziert und behandelt. Aufklärungsarbeit, aktive Fallsuche in entlegenen Regionen und die Ausbildung von Gesundheitspersonal zählen daher zu den zentralen Elementen in der Lepra-Arbeit der DAHW.

Kann man sich vor Lepra schützen?

Dank einer auch von der DAHW mitfinanzierten Studie konnte 2016 bewiesen werden, dass durch die Einmalgabe des Antibiotikums Rifampicin an Kontaktpersonen von Lepra-Patient*innen die Ansteckung verhindert werden kann. Seit 2017 empfiehlt die WHO diese sog. Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) unter Berücksichtigung festgelegter Kriterien.

2019 startete die DAHW gemeinsam mit der niederländischen Leprahilfe NLR, den jeweiligen Nationalen Gesundheitsprogrammen und der Erasmus-Universität in Rotterdam ein weiteres Forschungsprojekt, um herauszufinden, wie diese Einmalgabe an Kontaktpersonen als standardisierte Prophylaxe-Maßnahme in nationalen Gesundheitsprogrammen eingeführt werden kann.