02. Juni 2004

Äthiopien: Erfolg durch neue Not überschattet

Nothilfe für die Kinder von Bisidimo

Es gibt Bilder, die im Kopf "eingebrannt" sind. Dazu gehören für mich die 300 ausgemergelten, äthiopischen Kinder aus Bisidimo, mit ihren vom Hunger aufgeblähten Bäuchen. Kilometerweit sind sie damals für eine Schale Brei gelaufen. So habe ich sie in Erinnerung. So habe ich es nach meiner Reise im Juli des vergangenen Jahres geschildert. Dank vieler Spenden hat die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe den Kindern im Krankenhaus von Bisidimo helfen können.

 

 

Vor wenigen Wochen war ich wieder in Bisidimo. Ich wollte sehen, was unsere Hilfsaktion bewirkt hat: Die unterernährten Kinder von damals sind gesund und leben wieder in ihren Dörfern. Dank der großartigen Unterstützung der Spender.

Aber es gibt neue Not. Jetzt steht auf dem Krankenhausgelände ein großes Zelt mit Matratzenlager. Hier werden gerade 24 vom Hunger gezeichnete Kleinkinder stationär "aufgepäppelt". Weitere 12 liegen im Hospital, weil das Immunsystem ihrer kraftlosen Körper zu schwach ist. Sie haben alle möglichen Erkrankungen, bis hin zur Tuberkulose.

Inmitten all der Frauen und Kinder fielen mir zwei Männer auf. Der eine, Ali Haslio, war drei Tage mit seinem völlig unterernährten knapp zwei Jahre alten Sohn Araso unterwegs, um in das rettende Bisidimo zu kommen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis es dem Kleinen wieder richtig gut geht. Daneben sitzt ein etwa gleichalter Farmer mit seiner fünfjährigen Tochter Rosida. Auch sie war in Lebensgefahr. Zu Hause hat er noch weitere acht Kinder. Was ist mit der Mutter? "Sie ist vor kurzem gestorben", sagt er.

 

Kinder zu schwach für Nahrungsaufnahme
Fünf bis sechsmal am Tag werden die unterernährten Kinder verpflegt. Das ist oft eine schwierige Angelegenheit, weil die geschwächten Kinder sich die therapeutische Milch nur mit Widerstand einflößen lassen. Die Mitarbeiter von Bisidimo beraten die Eltern auch in Fragen der Hygiene, Kinderpflege, Kinderkrankheiten und Familienplanung.

Regenzeit bleibt aus
Fast alle Kinder im Zelt kommen aus Fadis. Das ist eigentlich eine fruchtbare Gegend, die allerdings seit mehreren Jahrzehnten schon unter zunehmender Trockenheit leidet. Früher ist auch schon einmal eine Regenzeit in Fadis ausgefallen, aber die letzten drei Jahre waren durchgehend ohne Regen. Das heißt, säen und nicht ernten können. Dadurch sind die Eltern nicht in der Lage, eine Behandlung ihrer Kinder zu bezahlen.

Menschen essen Blätter von den Büschen
Ein Sozialarbeiter, der erst kürzlich in Fadis war, berichtet, er habe dort zum ersten Mal in seinem Leben Menschen gesehen, die Blätter von Büschen gepflückt und gegessen haben, die sonst den Ziegen gehörten. Trotz anhaltender Dürre wollen die meisten Farmer ihr Heimatdorf Fadis und ihre Äcker nicht verlassen. Diejenigen, die umgesiedelt wurden, sind fast alle wieder zurückgekehrt. "Hier sind wir geboren", sagen sie, "hier wollen wir auch leben." "Gut, dass es Bisidimo gibt," sagt eine junge Mutter dankbar und tröstet dabei ihr weinendes Kind.

(Fotos und Text von Franz Barthel)

-> Bitte helfen Sie den Kindern von Bisidimo! Ihre Spende rettet Leben.

-> Mehr als nur ein Krankenhaus: 45 Jahre Hilfe in Bisidimo

-> Nothilfe für die Kinder in Bisidimo
Bereits im Juli 2003 berichtete Franz Barthel von der Not in Bisidimo