07. Juli 2008

Bericht von Geschäftsführer Jürgen Hammelehle

Wichtige Beiträge im Kampf gegen Krankheiten der Armut

Die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) konnte im 50. Jahr ihres Bestehens einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass rund 650.000 Menschen Zugang zu einer richtigen Diagnose und kompetenter Behandlung gefunden haben. Weltweit 295 Projekte in 35 Ländern hat die DAHW im Jahr 2007 mit 13.651.682,16 Euro gefördert.

Erstmals wurde 2007 die Zahl der TB-Erkrankungen auf weltweit mehr als neun Millionen geschätzt. Nur gut die Hälfte der Kranken wurde entdeckt und behandelt. So starben pro Tag rund 5.000 Menschen an TB – obwohl die Krankheit heilbar ist. TB stellt damit ein Risiko für die öffentliche Gesundheit vieler Entwicklungs- und Schwellenländer dar.

Zwei Faktoren kommen erschwerend hinzu: Zum einen die Kombination TB und HIV/Aids. Wer ein geschwächtes Immunsystem hat, erkrankt leicht an TB – ein Patient hat zwei Krankheiten. Zum anderen stellt die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen die bekannten Medikamente die Gesundheitsdienste vor ungeahnte Herausforderungen – die Behandlung ist aufwändig und sehr teuer.

158 Programme zur TB-Bekämpfung, darunter auch kombinierte Lepra-TB-Nationalprogramme,  hat die DAHW 2007 gefördert. In 24 Ländern konnte sie so zur Behandlung von 406.000 Patienten beitragen. Die DAHW baute 2007 ihre TB-Arbeit in städtischen Elendsvierteln aus. Zwei Beispiele: In Kolkata/Indien rief sie ein Programm zur besseren Zusammenarbeit zwischen privaten Anbietern von Gesundheitsdiensten ("Quacks“), die oft nur sehr mangelhafte Kenntnisse haben, und ausgebildeten Ärzten ins Leben.  Die Quacks werden geschult und erhalten einen finanziellen Anreiz, Patienten, die zu ihnen kommen, eine standardisierte TB-Behandlung zu bieten. Der Vorteil: Mehr Patienten erhalten schnell die richtige Diagnose und führen die sechs- bis achtmonatige Antibiotikatherapie unter Aufsicht bis zum Ende durch, d.h. bis sie nachweislich geheilt sind. Nur so kann verhindert werden, dass sie andere Menschen anstecken. 109.247 Euro stellte die DAHW 2007 für den Start des Projekts zur Verfügung, 2008 werden es 78.811 Euro sein.

Die TB-Ausbildung von Gesundheitshelfern und die aktive Suche nach Patienten stehen auch in den Elentsviertel von São Paulo in Brasilien auf dem Programm. Hier liegt der Schwerpunkt darauf, obdachlose Menschen in der Millionenstadt schneller und vor allem adäquat medizinisch versorgen zu können.

In zwei Ländern – Indien und Pakistan – konnte die DAHW 2007 erstmals Patienten mit Resistenzen behandeln. Unter Leitung der deutschen Ärztin Dr. Chris Schmotzer, die für den DAHW-Partner Aid to Leprosy Patients (ALP) tätig ist, haben in Rawalpindi 30 Patienten mit der Therapie gegen multiresistente TB (MDR-TB) begonnen. Ermöglicht wird die Behandlung dieser TB, die pro Patient bis zu 5.000 Euro kostet, durch Spenden des Vereins "ZF hilft“ der Firma ZF Friedrichshafen. Ohne das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Geschäftsführung des weltweit operierenden Automobilzulieferkonzerns in Höhe von 220.000 Euro wäre der Beginn der MDR-Behandlung 2007 nicht möglich gewesen.

 

Dr. Jarles Nabaugi untersucht einen Leprapatienten im Krankenhaus von Buluba/Uganda. Foto: Thomas Einberger 

Alle zwei Minuten ein neuer Fall

Die Lepra hat ihren Schrecken verloren, obwohl man weiterhin wenig über die Übertragung weiß. Hohe Zahlen von Patienten mit Behinderungen bei Diagnosestellung und eine Rate von über zehn Prozent Kindern bei Neuerkrankungen zeigen, dass die Krankheit noch lange nicht besiegt ist. Alle zwei Minuten wurde 2007 ein neuer Leprafall entdeckt. 

Der signifikante Rückgang an neuen Lepra-Erkrankungen beschränkt sich fast ausschließlich auf Indien. Im Rest der Welt sind die Leprazahlen weitgehend stabil geblieben. Epidemiologisch gesehen ist der starke Abfall in Indien nicht erklärbar, so dass man die veröffentlichten Zahlen nur sehr vorsichtig zur Entwicklung von Voraussagen heranziehen kann. Erkennbar ist allerdings auf jeden Fall, dass die Übertragung der Lepra weltweit weiter geht. Es gibt Menschen, die die Krankheit übertragen, aber selbst nicht erkranken – welche Rolle dieser Faktor bei der Transmission spielt, ist nicht genau bekannt. Auch die verkürzte Behandlungsdauer bei Patienten mit der hochinfektiösen Form der Lepra könnte verantwortlich dafür sein, dass bei nicht ausbehandelten Fällen die Übertragung weitergeht. Mit Medikamenten allein scheint Lepra nicht ausrottbar zu sein, besonders nicht in den sozialen Brennpunkten.

 

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul mit Ato Dedo, der als Kind im DAHW-Projekt Bisidimo von Lepra geheilt wurde und dieses Hospital später geleitet hat, im Gespräch mit der Presse zum 50-jährigen Bestehen der DAHW. Foto: Nicole Maskus

Damit für neue Patienten genügend Medikamente bereitstehen, sind alle Länder aufgerufen, zu einem bestimmten Stichtag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Leprafälle zu melden. Die Antibiotika zur Leprabehandlung stellt die WHO seit 1995 kostenfrei zur Verfügung. Was passieren kann, wenn dieser Stichtag vorverlegt wird, zeigt Brasilien: Mehrere Tausend Leprapatienten tauchten 2007 offiziell nicht in der zentralen Datenbank auf, denn der Berichts-Stichtag war ohne Absprache vorverlegt worden. Folglich gab es für diese Patienten keine Medikamente mehr oder sie konnten ihre Behandlung nicht beginnen. Die neue Lepra-Beauftragte im brasilianischen Gesundheitsministerium Dr. Maria Leide deckte den Skandal auf. Erst im März 2008 waren wieder genug Medikamente vorhanden.

Ausbildung und Forschung

Im Jahr 2007 unterstützte die DAHW in 140 Projekten in 35 Ländern Lepraprogramme,  vielfach in Kombination mit TB, Haut- oder anderen Krankheiten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Aus- und Weiterbildung des medizinischen Personals, für die 2007 in 92 Projekten mehr als zwei Millionen Euro zur Verfügung standen. 

2007 hat der DAHW-Vorstand nach längerer Pause Mittel für fünf Forschungsvorhaben bewilligt, darunter zur Klärung der Übertragungswege bei Lepra. Erste Resultate werden 2010 erwartet.

RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel setzt sich seit einigen Jahren für die DAHW ein: 2007 besuchte er ein Schulprojekt für Mädchen in Dhanbad/Indien und stellte es im "Spendenmarathon“ seines Senders vor.  Außerdem informierte er sich vor Ort über TB-Projekte in den Slums von Kolkata. 

Das Regionalstudio Mainfranken des Bayerischen Rundfunks (BR) fördert seit über 20 Jahren die Arbeit der DAHW in Äthiopien. Gemeinsam mit BR und Stadt Würzburg veranstaltet die DAHW jedes Jahr ein internationales Kinderfest. 2007 wurden gleich drei Geburtstage mit rund 20.000 Gästen begangen: 30 Jahre BR-Regionalstudio Mainfranken, zehn Jahre Schlawiner Club (BR-Kinderfunk) und 50 Jahre DAHW.

Behandlungszentrum für Kinder

Ausweiten konnte die DAHW 2007 ihr Engagement für "vernachlässigte Krankheiten“. Die der Lepra verwandte Krankheit Buruli Ulcer trifft vor allem Kinder und Jugendliche und führt unbehandelt zu schweren Behinderungen. In Togo wurde daher im Regionalkrankenhaus Tsévié ein Behandlungszentrum mit therapeutischen Einrichtungen speziell für Kinder geschaffen und das nationale Buruli-Kontrollprogramm gestärkt. Aufgrund des konsequenten Aufbaus der Lepra- und TB-Programme über viele Jahre hinweg war es der DAHW möglich, die vorhandene Infrastruktur auch zu Gunsten der Buruli Ulcer-Patienten zu nutzen.

Das Vorhaben wurden auf Anfragen des nationalen Koordinators in Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort, der WHO, befreundeten Hilfsorganisationen und der Tropenmedizinischen Abteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München erarbeitet. Kooperationspartner sind inzwischen auch das Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg sowie ein von der DAHW finanzierter medizinischer Experte. Mit ihrer Hilfe konnte die DAHW vor Ort sowohl die notwendigen Hauttransplantationen durchführen als auch Wundversorgung, Diagnose und Behandlung der Patienten weiter verbessern. Das Behandlungszentrum, dessen Ausstattung und die damit verbundenen Personalschulungen wurden möglich durch eine fünfwöchige Spendenaktion der Mediengruppe Main-Post in Würzburg.

 

Ursulinen-Schülerinnen überreichen stellvertretend für die ganze Region Mainfranken einen Scheck für Togo.
Foto: Thomas Einberger

 

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der DAHW kamen 2007 mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Repräsentanten, medizinische und soziale Berater) aus 16 Ländern zu einem mehrtägigen Workshop nach Würzburg. Zu den Themen gehörten das neue Forschungskonzept und die gemeindenahe Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen. Vorbereitet wurde mit den "Mitarbeitern aus dem Feld“ unter anderem ein Arbeitstreffen zur Qualitätsbestimmung und -sicherung der Partnerorganisationen, das 2008 in Addis Abeba stattfindet. Im Anschluss an den Workshop nahmen die Gäste an bundesweit 20 Veranstaltungen mit DAHW-Unterstützergruppen in Schulen oder Kirchengemeinden teil.

Im Jahr 2007 unterstützte die DAHW in 20 Ländern 136 Projekte bei Maßnahmen der sozio-ökonomischen Rehabilitation. Mehr als 90.000 Menschen wurden erreicht: Im Zentrum standen einkommenschaffende Maßnahmen, die Förderung schulischer und informeller Bildung, die Schaffung und Renovierung von Wohnraum, eine breite Palette sozialer Hilfen sowie Beratung.

Unter Mitwirkung der Projektpartner wurde der bisherige Ansatz der sozialen und ökonomischen Rehabilitation (SER) zur gemeinwesennahen Rehabilitation (CBR) weiterentwickelt. Um Stigmata abzubauen, werden Menschen mit Behinderungen in ihrer vertrauten Umgebung rehabilitiert ohne Rücksicht darauf, ob die Behinderungen Folge einer Lepra-Erkrankung, einer anderen Krankheit oder eines Unfalls sind.

 

Eva Luise Köhler eröffnete die Bunte-Stifte-Mitmachaktion mit Schülerinnen und Schülern des Coppi-Gymnasiums in Berlin.
Foto: Nicole Maskus

Neben der Projektarbeit leistet die DAHW ihrem zweiten Satzungsziel entsprechend Bildungs- und Informationsarbeit in Deutschland. Im Rahmen des dritten Schulwettbewerbs des Bundespräsidenten "Globalisierung – Zusammenleben gestalten“ stellte die DAHW u.a. ein Kleinkreditprogramm in ihrem ersten Projekt in Bisidimo/Äthiopien vor. Mit dem Zusammenschluss "Gemeinsam für Afrika“ präsentierte die DAHW bei einer bundesweiten Schulaktion das Menschenrecht auf Gesundheit am Beispiel Tuberkulose. In Kooperation mit der BUKO-Pharmakampagne entstand ein Materialpaket zur Tuberkulose für den Unterricht an weiterführenden Schulen.

Ehrenamt – eine Säule der DAHW

Für die Arbeit standen der DAHW 2007 insgesamt 17.556.199,86 Euro zur Verfügung, das sind 1,37 Mio. Euro weniger als 2006. Zurückzuführen ist dies vor allem auf gut eine Mio. Euro weniger an Erbschaften und Vermächtnissen, auch bei den Spenden war ein leichter Rückgang zu verzeichnen.

Bei den Themen der Spendenaufrufe hat sich der Trend der letzten Jahre gefestigt: Lepra und Tuberkulose erreichen sowohl bei langjährigen als auch bei neuen Spendern ähnlich gute Ergebnisse. Darüber hinaus sind auch neue Themen wie Buruli Ulcer gut angekommen. Ein Spendenaufruf erbrachte 538.488,70 Euro. Als erfolgreich erwiesen sich auch Beilagen in Kirchenzeitungen mit der Ärztin und Ordensfrau Dr. Ruth Pfau.

Ehrenamtliche trugen mit vielfältigen Aktionen weit mehr als eine halbe Million Euro zum Spendenaufkommen bei und fanden damit ein Echo in lokalen Medien. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass es bisher nicht gelungen ist, genügend neue Spender zu finden für diejenigen, die altersbedingt nicht mehr spenden können.

Die DAHW geht verantwortlich mit den ihr anvertrauten Mitteln um und arbeitet nach den Grundsätzen der Sparsamkeit. So hat sie den Etat für Werbe- und Fundraisingmaßnahmen in den letzten Jahren leicht gesenkt, damit in Relation zu den Spendeneingängen möglichst viel Geld in die unmittelbare Projektarbeit fließt.

Wir blicken mit großem Dank für alle Unterstützung auf das Jahr 2007 zurück. Auch in Zukunft werden wir an der Seite der Menschen stehen, die unsere Hilfe brauchen und ihnen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Schutz vor Ausgrenzung bieten.  

Jürgen Hammelehle,
Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW)


DAHW - Jahresbericht 2007


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