Sehr geehrter Herr Präsident,
als Frauen und Männer, die die Hansen-Krankheit, besser bekannt als Lepra, erlebt haben, waren wir empört, als wir letzte Woche internationale Medienberichte lasen, in denen Ihr Sprecher[1] den italienischen Nationalismus mit ¨Lepra¨ verglich. Sie[2] und andere internationale Führungskräfte haben in den letzten Monaten eine ähnliche Sprache in hochkarätigen Reden verwendet.
Auch wenn es sich dafür eignet um Schlagzeilen zu machen, hat die Verwendung von "Lepra" als negative Metapher Folgen weit über den politischen Bereich hinaus, denn sie zementier alte und veraltete Stereotypen und verstärkt Stigmatisierung und Diskriminierung von uns, den von Lepra betroffenen Menschen.
Lepra ist keine Krankheit der Vergangenheit. Mehr als 200.000 Menschen werden jedes Jahr mit Lepra diagnostiziert, und es wird angenommen, dass mehr als zwei Millionen Menschen von Lepra betroffen sind, die keine Diagnose erhalten haben und unbehandelt sind. Die negative Einstellung zu Menschen mit Lepra schafft eine Barriere gegenüber der Behandlung und erschwert die Bemühungen, die Übertragung der Krankheit weltweit zu stoppen.
Lepra ist eine heilbare Krankheit. Allerdings sind Frauen und Männer, die von dieser Krankheit betroffen sind, nach wie vor an vielen Orten auf der Welt marginalisiert und ausgeschlossen. Wir selbst haben erlebt, wie wir von Familie und Freunden isoliert wurden, von Arbeitsplätzen entlassen, von Menschen diskriminiert und beleidigt wurden und auch viele weitere Verletzungen unserer Menschenrechte haben wir durchlitten. Deshalb arbeiten wir jeden Tag hart daran, diese Realität in jeder Gemeinschaft zu verändern.
Von Lepra betroffene Frauen und Männer sind Menschen mit Hoffnungen und Träumen wie alle anderen. Die meisten Betroffenen träumen von einem normalen Leben: Ein Ort um friedlich zu leben und zu arbeiten, umgeben von Familie und Freunden. Wir wollen nicht durch unsere Krankheit definiert werden.
Es ist wichtig sicherzustellen, dass das Wort Lepra immer ohne die Last der Stigmatisierung verwendet wird. Einige Länder haben bereits die Initiative ergriffen, den Namen der Krankheit zu ändern. Obwohl ein solcher Wandel nicht auf der ganzen Welt stattfindet, haben Persönlichkeiten und Behörden die Pflicht, mit den Tausenden von Betroffenen und den Millionen von Menschen, die weltweit von dieser Krankheit betroffen waren, vorsichtig umzugehen.
Deshalb fordern wir, dass Ihre Regierung die Lepra nicht als negative Metapher benutzt, sondern Menschen in Frankreich, Europa und auf der ganzen Welt unterstützt, die gegen die Diskriminierung von Lepraopfern kämpfen.
Wir sind zwar davon überzeugt, dass diese Form der Diskriminierung uns gegenüber nicht das Ziel Ihrer Erklärung war, doch das ist die Wirkung, die es auf uns hatte. Im Vertrauen auf Ihren guten Willen wären einige von uns bereit, Sie zu treffen und mit Ihnen in Dialog zu treten.
Im Namen von Frauen, Kindern und Männern, die weltweit von Lepra betroffen sind.
[1]https://www.telegraph.co.uk/news/2019/02/08/france-fuels-worst-spat-italy-since-war-fresh-leprosy-comparison/
[2]https://www.nbcnews.com/news/world/macron-warns-nationalist-leprosy-threatens-europe-n931211
Organisationen von Menschen, die von Lepra betroffen sind:HANDA (China) | Menschen, die von Lepra betroffen sindEvelyne Leandro |