08. Juli 2011

Tuberkulose: Gemeinsam auf neuen Wegen in Äthiopien

DAHW bildet Gesundheitspersonal aus – erste große Erfolge

Ausgangssituation
Vor zwei Jahren lag die Zahl der Patienten, bei denen TB diagnostiziert wurde, in der Provinz Arsi (Region Oromia) deutlich unter der zu erwartenden Anzahl. Gut so, könnte man meinen, doch Ato Ahmed Mohammed, Repräsentant der DAHW in Äthiopien, hatte Zweifel. Mit den Regierungsvertretern im Nationalprogramm gegen Lepra und TB war er sich schnell einig, dass viele Menschen, die an TB erkrankt sind, bislang nicht vom Gesundheitssystem erfasst worden sind. In Arsi wurde lediglich bei 32% aller geschätzten Erkrankten TB auch tatsächlich diagnostiziert.



Arsi gehört zu den ärmsten Regionen Äthiopiens, Zugang zu dem ohnehin nur rudimentär vorhandenen Gesundheitssystem hatten nicht alle Einwohner. Ein Grund dafür ist die sehr ländliche Struktur: 86% der knapp drei Millionen Einwohner von Arsi leben in rund 500 Dörfern, oft abseits befahrbarer Straßen. 57 Gesundheitsstationen gibt es und nur zwei Krankenhäuser, ein Arzt muss sich hier um fast 30.000 Menschen kümmern. Zwei, manchmal auch drei Tagesreisen müssen die meisten Menschen dort absolvieren, um zu einer der Gesundheitsstationen zu gelangen.

Ziele des Projekts
In der Region Arsi hat sich das von der DAHW unterstützte nationale TB-Kontrollprogramm das Ziel gesetzt, die Gesundheitsversorgung insgesamt zu stärken und den Menschen dort einen rechtzeitigen Zugang zu Diagnose und Behandlung zu ermöglichen. Besonders bei Tuberkulose ist dies enorm wichtig, da ein Kranker unzählige Menschen in seinem Umfeld anstecken kann, wenn die Erkrankung bei ihm selbst nicht diagnostiziert und behandelt wird. Für die TB-Kontrolle ist das Ziel, innerhalb von zwei Jahren die Quote der diagnostizierten TB-Patienten von 33% auf 60% zu erhöhen und diese nach den Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu behandeln. Mittel dazu sollte das bereits in anderen Ländern bewährte „active case-finding“, die aktive Suche nach TB-Patienten, sein.

Aktivitäten
Insgesamt wurden über 2.100 Mitarbeiter ausgebildet – Gesundheitshelferinnen in den Dörfern, etwas versiertere Gesundheitsmitarbeiter in den größeren Zentren, Laboranten und Supervisoren für das gesamte Programm. Insgesamt sind 50 % aller Mitarbeiter Frauen. Damit unterstützt dieses Programm zusätzlich die Erwerbstätigkeit von Frauen – in Äthiopien ist dies wie in vielen anderen Entwicklungsländern nicht selbstverständlich.



Die Gesundheitshelfer müssen eine ein- bis fünftägige zusätzliche Ausbildung durchlaufen, finanziert aus Mitteln von drei Hilfsorganisationen – der größte Teil stammt von einer Organisation aus den USA, die DAHW und eine niederländische Partnerorganisation waren mit kleineren Summen beteiligt, haben aber die Ausbildung durch geeignetes Fachpersonal überhaupt erst ermöglicht. Die langjährige Erfahrung nicht nur in Äthiopien selbst, sondern auch bei der Aus- und Weiterbildung von Gesundheitshelfern im Kampf gegen TB in vielen weiteren Ländern war dabei ein großer Vorteil.

Erstversorgung im Gesundheitsposten: Medisa Ashim mit Patientin.

Was wurde 2010 erreicht?
Die Ausbildung wurde im Laufe des Jahres 2010 abgeschlossen, die Mitarbeiter sind direkt „von der Schulbank“ wieder in die Praxis gekommen: 931 freiwillige Gesundheitshelferinnen, weitere 938 spezialisierte Gesundheitsmitarbeiter mit erweiterter Ausbildung, 71 Laboranten und weitere 112 Mitarbeiter für allgemeine Gesundheitsversorgung sowie 115 Supervisoren.



In jedem Dorf der Region Arsi gibt es nun einen kleinen Gesundheitsposten, der als Anlaufstelle für die Einwohner dient. Jeweils zwei Gesundheitshelferinnen arbeiten in einem Posten, der als Außenstelle einer größeren und besser ausgestatteten Gesundheitsstation dient. Die Dörfer bestehen zumeist aus vielen kleineren Siedlungen, daher sind die Helfer auch oft unterwegs.



Durch die kleineren Gesundheitsposten wurde die Anreise für die Patienten auf ein bis zwei Stunden verkürzt. Die Gesundheitshelfer können erste Untersuchungen einleiten und – je nach Ergebnis sowie nach Rücksprache mit den übergeordneten Gesundheitszentren – die weiteren Wege der Behandlung planen. Gleichzeitig nutzen sie ihre Nähe zu den Menschen, um diese mit geeignetem Aufklärungsmaterial für die Symptome der TB zu sensibilisieren.



Schon im letzten Quartal 2010 – nach 18 Monaten Projektlaufzeit – wurde die Quote der diagnostizierten TB-Patienten von 32% auf 51% erhöht – das angestrebte Ziel von mindestens 60% ist nicht mehr weit entfernt.

Planungen für 2011
Das Projekt für die Ausbildung der Mitarbeiter war ursprünglich bis zum 30.9.2010 geplant, wurde jedoch zunächst bis zum 30.6.2011 verlängert. Eine weitere Verlängerung ist abhängig von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln – ebenso wie eine Ausweitung des Projekts auch auf andere Regionen, in denen es ähnliche Probleme gibt wie in Arsi.



Die DAHW rechnet für den laufenden Betrieb in Arsi mit Kosten in Höhe von 90.000 Euro pro Jahr, für die Ausbildung von Gesundheitspersonal in anderen Regionen jeweils 45.000 Euro, bei insgesamt zehn betroffenen Regionen also 450.000 Euro.

Risiken des Projekts
Die laufende Bezahlung der Mitarbeiter erfolgt durch das äthiopische Gesundheitsministerium, das dafür Geld von internationalen Gebern bekommt, so zum Beispiel vom Globalen Fonds). Allein könnte das arme Land einen solchen Aufwand nicht bewältigen, schon gar nicht die Ausbildung der vielen Mitarbeiter. Sollten diese Zahlungen eingestellt werden, wäre das gesamte Projekt gefährdet.



Ein weiteres Risiko besteht im „Brain Drain“: Gut ausgebildetes medizinisches Personal wird oft von großen Unternehmen oder internationalen Organisationen abgeworben. Aus diesem Projekt sind die Mitarbeiter der Labordiagnostik besonders begehrt. Um das zu verhindern, müssen für gut ausgebildete Mitarbeiter oft höhere Gehälter gezahlt werden, als es der äthiopische Staat leisten kann. Die DAHW zahlt daher oft diese Differenz, um gute Mitarbeiter zu halten. Dies ist langfristig auch deutlich günstiger, als laufend neue Mitarbeiter auf diesem Niveau ausbilden zu müssen.


 

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